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„Wir haben es selbst in der Hand“

Erstmals „Diözesaner Schöpfungstag“ im Kilianeum – Klimaschutzkonzept des Bistums offiziell übergeben – Ziel ist Klimaneutralität bis 2040 – Impulsvortrag von Hans-Josef Fell: „Es reicht nicht, ein bisschen zu reduzieren“

Würzburg (POW) Engagierte und interessierte Menschen aus dem ganzen Bistum haben sich beim „Diözesanen Schöpfungstag“ am Samstag, 4. Oktober, im Kilianeum in Würzburg über Konzepte für den Umwelt-, Natur- und Klimaschutz informiert. Der Tag stand unter dem Motto „Schöpfung retten – Handeln für das gemeinsame Haus“. Domkapitular Albin Krämer, Bischofsvikar für den Katholikentag, nahm das erste Exemplar des Klimaschutzkonzepts für das Bistum Würzburg entgegen. Er dankte den Jugend- und Erwachsenenverbänden, die das Thema schon vor Jahrzehnten aufgegriffen hätten, und allen, die sich bereits vor Ort engagieren. „Es funktioniert nur solidarisch, und da sind wir, denke ich, auf einem guten Weg“, sagte er. Das Konzept sei ein Schritt hin zu einem systemischen Ansatz, sagte Christof Gawronski, Umweltbeauftragter des Bistums. „Für mich persönlich stellt es einen Meilenstein dar.“ Er sah in dem Fakt, dass der Klimawandel menschengemacht sei, ein Stück Hoffnung: „Wir müssen das nicht hinnehmen, sondern wir können etwas tun.“

Projektleiter Maximilian Braun, Klimaschutzmanager des Bistums, und Dr. Carolin Banašek-Richter von der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft (FEST) in Heidelberg, die den Prozess extern begleitet, erläuterten das Klimaschutzkonzept. Das Konzept sei „der Startschuss hin zu konkreten Maßnahmen“, sagte Braun. Er stellte den Prozess als einen Kreislauf dar: Ausgehend vom Ist-Zustand werde ein Soll-Zustand definiert. Auf dieser Basis entsteht ein Maßnahmenkatalog mit einem strategischen Rahmen, konkreten Maßnahmen, Monitoring und Controlling. Schließlich wird der neue Ist-Zustand erfasst – und der Kreislauf beginnt von vorne. Ziel sei die Treibhausgasneutralität bis 2040, sagte Banašek-Richter. Das sei „ein ambitioniertes Ziel, und selbst mit ambitionierten Maßnahmen werden wir es nicht ganz erreichen“, räumte sie ein.

Im Bistum würden jährlich mehr als 32.000 Tonnen Treibhausgase ausgestoßen – davon 82 Prozent von Gebäuden, und hauptsächlich durch Heizenergie. Eine hohe Priorität haben deshalb Maßnahmen wie eine Photovoltaik-Strategie, energetische Instandsetzung oder eine Finanzierungsstrategie für einen Klimafonds, um Maßnahmen, die zur Klimaneutralität beitragen sollen, stärker zu unterstützen. Aber auch wenn Mobilität (elf Prozent) und Beschaffung (sieben Prozent) eine wesentlich geringere Rolle spielen, seien das die Felder, in denen „jeder Einzelne schnell und unkompliziert einen Beitrag leisten kann“, erklärte Braun: „Was kaufe ich wo ein? Wie bewege ich mich von A nach B?“ Er verglich Klimaschutz mit einer guten Party: „Gemeinsam macht es einfach mehr Spaß!“

Per Videobotschaft sandte Bischof Dr. Franz Jung Grüße aus Rom, wo er eine Wallfahrt für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bistums begleitet. Der Schöpfungstag falle in diesem Jahr zusammen mit dem 800. Jubiläum des Sonnengesangs des heiligen Franziskus. „Der heilige Franziskus war erfüllt von Dankbarkeit und Staunen über die Schönheit der Schöpfung. Es geht darum, die Schöpfung mit seinen Augen zu sehen“, sagte der Bischof. Alle Konzepte, Normen und Vorschriften würden nichts helfen ohne diese innere Bekehrung des Herzens. „Wir selbst haben uns im Klimaschutzkonzept unseres Bistums das hehre Ziel gesetzt, bis 2040 klimaneutral zu sein. Machen Sie mit und seien Sie dabei!“ Er freue sich über „gute Schritte auf diesem Weg der Bekehrung“.

Impulsvortrag Hans-Josef Fell: „Um Sonnenstrahlen kann man nicht Krieg führen“

Und die sind nach den Worten von Hans-Josef Fell (Hammelburg), ehemaliger Bundestagsabgeordneter, Präsident der „Energy Watch Group“ und „Botschafter für 100 Prozent erneuerbare Energien“, dringend nötig. „Es wird dramatisch“, warnte er in seinem Impulsvortrag „Kirche im Handeln – Was nötig und was möglich ist“. Weltweit sei das Pariser Ziel, den globalen Temperaturanstieg auf 1,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen, überschritten worden. Für das Jahr 2050 werde eine Erderwärmung von drei Grad vorhergesagt. Der Klimanotstand habe Deutschland schon heute erreicht, wie etwa die Überflutungen im Ahrtal im Jahr 2021 zeigten. Nach seinen Worten gibt es aber noch mehr Gründe für den Umstieg auf erneuerbare Energien. Die aktuellen Kriegsgebiete befänden sich im Wesentlichen dort, wo Erdöl und Erdgas gefördert würden, mit den Einnahmen aus dem Verkauf würden Kriege und islamistischer Terror finanziert. „Um Sonnenstrahlen kann man nicht Krieg führen.“

Fell warnte davor, sich auf die bloße Reduktion von Emissionen zu konzentrieren. Die Frage müsse stattdessen lauten: „Wie stoppt man Emissionen?“ Er forderte einen kompletten Umstieg auf erneuerbare Energien, eine Kreislaufwirtschaft ohne Emissionen oder Abfälle sowie regenerative Land-, Forst- und Meereswirtschaft. In der Wüste Gobi beispielsweise entstehe derzeit ein Solarpark, der im Jahr 2030 mehr Strom erzeugen soll als die Menschen im Großraum Peking benötigen. Aber auch vor Ort gebe es nachahmenswerte Projekte. Die Solarkirche in Gräfendorf nannte er „eine Meisterleistung“.

Photovoltaikanlagen auf Kirchendächern: Die Solarkirche in Gräfendorf im Jahr 2023

Die Erlöserschwestern hätten auf ihrem Areal in der Würzburger Innenstadt gezeigt, dass Solardächer durchaus mit dem Denkmalschutz vereinbar seien. Anhand von Statistiken zeigte er, dass die Strompreise durch den Ausbau der erneuerbaren Energien im Schnitt gesunken seien. Sein eigenes Haus sei „stromautark“ und er zahle seit 2020 keine Stromrechnungen mehr. Sein Fazit lautete: „Wir haben es selbst in der Hand.“

Er sei sehr dankbar, dass sich Kirche engagiere, sagte Oberbürgermeister Martin Heilig in einem Grußwort. Er selbst befasse sich seit seiner Jugend mit dem Thema Bewahrung der Schöpfung und habe darüber zum politischen Engagement gefunden. Die Stadt Würzburg wolle bis 2040 klimaneutral sein. Dabei werde darauf geschaut, wo sich eine Maßnahme lohne. So habe man es beispielsweise geschafft, 15 Prozent zusätzliche Fahrgäste für den öffentlichen Nahverkehr zu gewinnen. Klimaschutz hat laut Heilig zudem eine soziale Komponente: „Die vulnerablen Gruppen sind als erste von hohen Energiekosten betroffen.“ Er rief dazu auf: „Lassen Sie es uns gemeinsam anpacken!“

Klimaschutz im Alltag leicht gemacht: Infostände und Workshops

Wie man im Alltag einen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann, erfuhren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unter anderem an den vielen Infoständen. Hier stellten beispielsweise die Tagungshäuser im Bistum vor, welche Maßnahmen sie bereits ergriffen haben. Das „Haus für Kinder“ in Gaukönigshofen verdeutlichte den Schadstoffausstoß unterschiedlicher Verkehrsmittel mit Hilfe von Wattebällchen – das Flugzeug und das Kreuzfahrtschiff versanken darin. Und wer hätte gedacht, dass man eine Hochzeit „nachhaltig und fair“ planen kann? Die Workshops reichten von „Umwelt- und Klimaschutz im kirchlichen Bauen“ bis zu „Schöpfungsspiritualität in der Liturgie“. Im Workshop „Zugänge zur sozial-ökologischen Transformation“ beispielsweise befassten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit dem Thema „Gerechtigkeit“. „Wir diskutieren über Bürgergeld, aber nicht über eine Milliardärssteuer“, bemängelte ein Mann. Warum man nicht die Firmen, die Klimaschäden verursachen, zur Verantwortung ziehe, war ein weiterer Kritikpunkt. Handeln bedeute, jeden Tag eine Entscheidung zu treffen, sagte eine Teilnehmerin: „Ich hasse Fahrradfahren, aber ich fahre jeden Tag mit dem Rad zur Arbeit.“

„Der Tag war sehr interessant und gut aufgebaut“, lobte Gemeindereferentin i. R. Erika Gerspitzer. Beeindruckt hätten sie der Impulsvortrag von Hans-Josef Fell sowie eine Frau, die erzählt habe, dass sie seit Jahren keine Kleidung mehr kaufe, sondern tausche. Auch bei den Infoständen habe sie viel Neues entdeckt. Marco Karch, Mitglied der Kirchenverwaltung Üchtelhausen (Landkreis Schweinfurt), arbeitet als Architekt und Energieberater. Der Workshop zu „Klima- und Umweltschutz im kirchlichen Bauen“ sei „sehr gut“ gewesen, erzählte er. „Ich bin froh, dass die Kirche Klimaschutz als einen Schwerpunkt sieht. Der ganze Tag war superinteressant.“ Umweltbeauftragter Gawronski zeigte sich insgesamt zufrieden mit der Veranstaltung. „Ich glaube, die Leute sind in gute Gespräche gekommen und haben gesehen, was bei anderen schon funktioniert hat.“ Er hoffe darauf, dass sie nun zu Multiplikatoren im Bistum werden.

Mehr Informationen gibt es auf der Homepage der diözesanen Fachstelle „Schöpfungsverantwortung und Klimaschutz“.

sti (POW)

(4125/1018; E-Mail voraus)

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