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aus dem PRESSEBERICHT VON KARDINAL REINHARD MARX, VORSITZENDER DER DEUTSCHEN BISCHOFSKONFERENZ

Studienhalbtag „Schöpfungsverantwortung nach Laudato siʼ – Umwelt und integrale Entwicklung als Aufgabe der Kirche“

Unser Studienhalbtag stand unter dem Leitthema „Schöpfungsverantwortung nach Laudato siʼ – Umwelt und integrale Entwicklung als Aufgabe der Kirche“. Ziel war, im Blick auf die Mitverantwortung der Christen für die Bewahrung der Schöpfung die Ursachen der ökologischen Krise und die Dringlichkeit nachhaltiger Entwicklung zu reflektieren. Wir verstehen Laudato si’ als kraftvollen Aufruf und Kompass für die Wahrnehmung unserer Schöpfungsverantwortung. Diesem Anspruch müssen wir gerecht werden. In diesem Kontext haben wir erfasst, welchen Einsatz es in unseren Diözesen, kirchlichen Einrichtungen und Organisationen bereits gibt und prüfen, wie wir dieses Engagement noch ausbauen können.

Wir haben uns vergegenwärtigt, dass ökologische Nachhaltigkeit neben Solidarität, Subsidiarität und Personalität als Element in der Katholischen Soziallehre verstanden wird. Im Blick allgemein auf die Schöpfungsverantwortung und insbesondere die Agenda 2030 der Vereinten Nationen, die darauf ausgerichtet ist, niemanden zurückzulassen, treten wir zunächst einmal dafür ein, klimaschädliches Verhalten zu überwinden. Diözesen, Orden, Bewegungen, Werke und Verbände sind eingeladen, ihr eigenes Handeln an den Leitlinien einer „integralen Ökologie“, am sozial-ökologischen Wandel auszurichten. Sodann sind Unternehmen und Gewerkschaften, Wissenschaft und politische Parteien, besonders aber Bundestag und Bundesregierung herausgefordert, die nationale Nachhaltigkeitsstrategie auf der Basis der Agenda 2030 und des Pariser Klimaabkommens sozial, global und intergenerationell gerecht auszurichten und umzusetzen, damit „alle Leben haben“. Doch auch jeder Einzelne von uns muss sein Verhalten reflektieren. Auch der kleinste Beitrag dient der Bewahrung der Schöpfung.

In seiner Einführung wies der Vorsitzende der Kommission Weltkirche, Erzbischof Dr. Ludwig Schick (Bamberg), darauf hin, dass weltweit wirtschaftliches Handeln, soziale Gerechtigkeit und die Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen in einem engen Verhältnis zueinander stehen. Insofern bilden auch die „Agenda 2030“, die ein neues globales Wohlstandsverständnis skizziert, und die Schutzziele der Pariser UN-Klimakonferenz den Rahmen und Bezugspunkt der Enzyklika.

Unter dem Titel „Laudato si’ – ein Aufruf zur Bewahrung der Schöpfung“ beschrieb Professor DDr. Hans Joachim Schellnhuber, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, das Ausmaß und die Ursachen der ökologischen Krise. Er diskutierte die Einwände gegen die Feststellung eines Klimawandels unter Bezugnahme auf die spürbaren Auswirkungen der Klima- und Umweltproblematik und vor allem die messbare globale Erderwärmung. Als Verdienst der Enzyklika hob er dabei hervor, dass sie Klimawandel als menschengemacht darstellt und dabei deutlich den Anstieg der Treibhausgasemissionen als Verursacher benennt. Prof. Schellnhuber ging dabei auch ausführlich auf die Folgen einer globalen Erderwärmung ein.

Professor DDr. Johannes Wallacher, Präsident der Hochschule für Philosophie (München), erläuterte Laudato si’ als „Kompass für eine nachhaltige Entwicklung“. Das Leitmotiv einer ganzheitlichen Ökologie stütze sich auf eine umfassende Betrachtung der Wirklichkeit und impliziere auch eine ganzheitliche Idee des Fortschritts. Diese entfaltete Prof. Wallacher vom Prinzip des Gemeinwohls her, das sich als globales Gemeinwohl sowohl auf alle heutigen wie auch auf die zukünftigen Generationen beziehen muss. Darüber hinaus diskutierte er die von Papst Franziskus vertretene These von der Gemeinbestimmung der Güter, weshalb niemand von deren Nutzung ausgeschlossen werden dürfe. Als Gemeingüter betrachtet Papst Franziskus auch die Erdatmosphäre, die Weltmeere und andere Ökosysteme. Um sie einer fairen Nutzung durch alle zuzuführen, bedarf es institutioneller Vereinbarungen.

Beim Studienhalbtag standen auch Beispiele aus der ökologischen Praxis der Kirche im Fokus. Mattias Kiefer aus dem Erzbistum München und Freising erläuterte dessen Bildungsund Befähigungskonzept für ehren- und hauptamtliche Mitarbeiter, das einen Beitrag für eine ökologische Identität kirchlicher Einrichtungen leisten soll. Benedikt Schalk aus dem Erzbistum Freiburg stellte die bereits 2006 gestartete Energie-Offensive seines Erzbistums vor. Dr. André Witthöft-Mühlmann von der Evangelischen Landeskirche in Baden informierte über die Initiative „Wir kaufen anders“. Das Projekt verfolgt den Anspruch, kirchlichen Gemeinden und Einrichtungen mittels eines Einkaufsportals einen einfachen Zugang zu Produkten zu ermöglichen, die ökologischen, fairen und sozialen Kriterien entsprechen. Auch katholische Diözesen prüfen zurzeit, sich an dieser Beschaffung zu beteiligen.

Weihbischof Dr. Bernd Uhl (Freiburg), Vorsitzender der ökologischen Arbeitsgruppe unserer Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen, plädierte dafür, nicht beim bisher Erreichten stehenzubleiben. Er nannte Handlungsziele, die auf eine Weiterentwicklung des ökologischen Engagements der Kirche abzielen. Dazu gehören unter anderem die systematische Reduktion von CO2-Emissionen bei Gebäuden und in der Mobilität, die Stärkung der Rolle von Umweltbeauftragten, der Ausbau entsprechender Bildungsangebote, die gottesdienstliche Berücksichtigung ökologischer Themen, Kriterien des ethischen Investments und die Thematisierung von Lebensstilfragen. Angesichts der globalen Bedrohung bedarf es eines glaubwürdigen Zeugnisses und entschiedenen Handelns der Kirche. Darüber hinaus wurde der gesellschaftspolitische Auftrag der Kirchen unterstrichen. Angesichts der notwendigen Weichenstellungen in der kommenden Legislaturperiode müssen wir die Dringlichkeit des Klima- und Umweltschutzes – die Bewahrung unseres gemeinsamen Hauses – immer wieder betonen.

Die Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen wird mit ihrem Vorsitzenden, Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck (Essen), die von Weihbischof Uhl genannten Handlungsziele federführend in Zusammenarbeit mit anderen bischöflichen Kommissionen und Vertretern aus der kirchlichen Praxis ermitteln. Diese Orientierungen sollten einer der nächsten Vollversammlungen zur Beratung vorgelegt werden, damit wir einen gemeinsamen Leitfaden für die ökologische Praxis in den Diözesen erarbeiten können. Es geht darum, die Anliegen von Laudato si’ weiter voranzubringen und zwar innerhalb und außerhalb des kirchlichen Kontextes.